zurück

Wie könnte der Konflikt gelöst werden?

 

Die einzige Lösung ist ein Systemwandel in Nordkorea. Dieser kann auch friedlich erreicht werden. Nordkorea hat schon mit Wirtschaftsreformen begonnen, so wie China im Jahr 1978. Mehr Marktwirtschaft führt zu mehr individueller Freiheit, mehr Handel führt zu einer engeren internationalen Einbindung. Mehr Einbindung führt dazu, dass man mehr Wert auf die Meinung der anderen Länder legt. Isolation bewirkt genau das Gegenteil. Die gegenwärtigen Herrscher in Nordkorea wollen ihre Macht nicht verlieren, also muss man sie zu einem Teil dieses Wandels machen – wie es in China passiert ist, wo noch heute die Kommunistische Partei die Macht hat, und doch ist fast alles anders als 1978. Es geht also, doch der Anfang ist schwer. Zuerst müssen Nordkorea und die USA Frieden schließen, denn offiziell ist der Korea-Krieg noch immer nicht beendet. Das muss unter Beteiligung von China, Japan und natürlich auch Südkorea passieren, aber vor allem müssen sich die USA und Nordkorea einigen. Zurzeit sprechen sie aber nicht einmal miteinander, obwohl das dringend nötig wäre. Sie haben auch noch keine Botschaften untereinander eingerichtet. Wenn Nordkorea sich im Schutz seiner Atomwaffen sicher fühlt und mit den Amerikanern einen Friedensvertrag ausgehandelt hat, dann kann es sich mehr auf seine Wirtschaft konzentrieren und den Menschen mehr Freiraum geben; so sieht es die Führung in Pjöngyang. Der Westen glaubt Nordkorea aber nicht und setzt lieber auf Druck durch Sanktionen und Militärmanöver. Kompliziert wird die Sache auch dadurch, dass Nordkorea vor einer Wiedervereinigung unter Führung Südkoreas Angst hat und daher immer versucht, Südkorea außen vor zu lassen und direkt mit den USA zu verhandeln. Das gefällt den Menschen in Südkorea nicht. Diese wiederum liegen im Streit mit Japan, weil noch viele Verbrechen aus der Kolonialzeit ungeklärt sind. China und Russland haben auch ihre eigenen Interessen und trauen sich auch gegenseitig nicht. Beide Länder haben wiederum viele Meinungsverschiedenheiten mit Japan und den USA. Ein Grund dafür, dass der Nordkorea-Konflikt noch nicht gelöst ist, liegt also auch darin, dass die verschiedenen Beteiligten oft gegensätzliche Interessen verfolgen. Nordkorea, das eigentlich recht schwach ist, wird durch diese Uneinigkeit gestärkt.

(Text: Prof. Rüdiger Frank, Universität Wien)